10. Inländerstammtisch: Integrationskonzept oder Integrationsbeirat – was ist der richtige Weg für Bergedorf?

Die Integrationsdebatte in Deutschland krankt vor allem an einer Sache: Es wird zu viel über Migranten gesprochen statt mit ihnen. Migranten wollen ernst genommen werden und Mitsprachemöglichkeiten haben, wenn es um ihre Interessen geht. Das ist das Fazit des 10. Inländerstammtisches der SPD Bergedorf, der am 13. September in der Bergedorfer Moschee stattfand. 34 Interessierte, darunter mehr als ein Drittel Menschen mit Migrationshintergrund, diskutierten leidenschaftlich und zum Teil kontrovers über das Thema „Integrationskonzept oder Integrationsbeirat – was ist der richtige Weg für Bergedorf?“ Am Ende stand ein klares Votum für ein Integrationskonzept, weil nur das verbindliche integrationspolitische Entscheidungen verspricht.

Ali Simsek, Vorsitzender des AKD e. V., beteiligte sich an der Diskussion beim 10. Inländerstammtisch der SPD Bergedorf - Photo: Simone Gündüz

Ali Simsek, Vorsitzender des AKD e. V., beteiligte sich an der Diskussion beim 10. Inländerstammtisch der SPD Bergedorf – Photo: Simone Gündüz

Grundlage der Diskussion war ein einleitendes Referat von Michael Schütze vom veranstaltenden AK Integration der Bergedorfer SPD über die Integrationspolitik in den Hamburger Bezirken Wandsbek und Mitte – die eigentlich dafür vorgesehenen Bezirkspolitiker (siehe Einladung) waren kurzfristig ausgefallen:

Der Bezirk Hamburg-Mitte war der erste Hamburger Bezirk, der sich angesichts seines hohen Migrantenanteils (25%) ernsthaft mit Integrationspolitik befasste. Bereits im November 2004 hatten SPD und GAL in einem Antrag in der Bezirksversammlung die Entwicklung eines „kommunalen Integrationsleitbildes“ gefordert. Dieses wurde unter Federführung des dortigen Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration und in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt erarbeitet und im Juni 2007 als „Leitbild zur Integrationsarbeit“ einstimmig verabschiedet. Auf acht DIN-A4-Seiten listet es mögliche „Ziele und Maßnahmen“ auf in den Bereichen „Sprachförderung“, „Schule, Ausbildung und Arbeit“, „Kultur und Religion“, „Sport“, „Gesundheit“ sowie „Ältere Menschen mit Migrationshintergrund“. Deren Umsetzung wird jährlich im Ausschuss überprüft. Außerdem gibt es möglichst zwei Mal im Jahr sogenannte Integrationskonferenzen, auf denen ein bestimmtes Thema vertieft erörtert wird. Überdies wird seit 2007 ein mit 5.000 Euro dotierter „Bürgerpreis für herausragendes Engagement in der Integrationsarbeit“ verliehen.

Michael Schütze vom AK Integration der SPD Bergedorf sprang als Referent für die erkrankten Bezirkspolitiker aus Mitte und Wandsbek ein - Photo: Simone Gündüz

Michael Schütze vom AK Integration der SPD Bergedorf sprang als Referent für die erkrankten Bezirkspolitiker aus Mitte und Wandsbek ein – Photo: Simone Gündüz

Anders als in Mitte entschied sich die Bezirksversammlung in Wandsbek im Dezember 2007 auf Vorschlag der SPD dafür, einen Integrationsbeirat ins Leben zu rufen. Dazu lud das Bezirksamt im April 2008 zu einer Informationsveranstaltung ein, aus der heraus sich ein Arbeitskreis bildete. Dieser erarbeitete in drei Arbeitsgruppen von Juli 2008 bis zum April 2009 eine Geschäftsordnung sowie inhaltliche Themenschwerpunkte. Es sind dies die soziale Integration, die sprachliche Integration, die interkulturelle Kompetenz sowie das Zusammenleben in der Stadt. Auf Vorschlag des Bezirksamtes wurden dann 21 Mitglieder für den Integrationsbeirat berufen, unter anderem Vertreter der christlichen und muslimischen Gemeinden sowie der in der Bezirksversammlung vertretenen Parteien. Im Januar 2010 nahm der Beirat seine Arbeit auf und bildete sechs Arbeitsgruppen für die Bereiche „Sport und Gesundheit“, „Senioren mit Migrationshintergrund“, „Kultur und Religion“, „Perspektive von Flüchtlingen“, „Sprache“ sowie „berufliche Integration von Jugendlichen und Erwachsenen“. Noch befinden sich aber diese Arbeitsgruppen in der Findungsphase. Der Integrationsbeirat selbst trifft sich einmal im Quartal und kann laut Geschäftsordnung mit „seinen Beschlüssen weder die öffentliche Verwaltung noch parlamentarische Gremien binden“.

In der anschließenden Diskussion wurde schnell deutlich, dass den Anwesenden ein nur beratendes Gremium wie ein Integrationsbeirat zu wenig ist. Bindende Entscheidungen seien nötig, damit endlich etwas passiere. Dazu müssten die Migranten sich engagieren, gehört und deren Wünsche umgesetzt werden. Gute Integrationspolitik erfordert aber auch Geld, das in die Hand genommen wird, um sinnvolle Projekte umzusetzen. Darin waren sich die Diskutanten einig. Methodisch solle zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht werden, in welchen Bereichen und Stadtteilen es Probleme gibt und wie diese gelöst werden können. Denn im Bezirk Bergedorf gebe es in unterschiedlichen Stadtteilen (z. B. Neuallermöhe und Lohbrügge) auch unterschiedliche Probleme und Lösungsansätze. Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme sollten dann in ein Integrationskonzept einfließen, wie eine Mehrheit der Anwesenden meinte. Auch über einzelne Maßnahmen wurde bereits diskutiert. So müssten Begegnungen zwischen Migranten und Nichtmigranten geschaffen, Freundschaften gefördert und vor allem großer Wert auf die frühkindliche Förderung gelegt werden, insbesondere im sprachlichen Bereich, wobei auch die Mehrsprachigkeit gefördert werden solle. Allerdings sei Bildungsferne kein ethnisches, sondern eher ein soziales Problem.

Die Bergedorfer SPD wird nun als Konsequenz aus dieser Veranstaltung versuchen, deren Ergebnisse in den parlamentarischen Prozess in der Bezirksversammlung Bergedorf einzubringen und umzusetzen. Denn Integrationspolitik ernst zu nehmen, das bedeutet auch, auf die Migranten zu hören.

Michael Schütze

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